Allgemein
Was Food Waste vermeiden unseren Ständen bringt

Die Food Waste-Messung in der Markthalle ist in vollem Gange: derzeit werden an den Geschirrrückgabestationen und in unserer Entsorgungsstation der Stände täglich die Lebensmittelabfälle gemesssen. Um einen umfassenden Einblick in den Prozess zu erlangen, wurde bereits im Frühling bei einem Stand eine (Test)Messung durchgeführt. Dieser Stand war Persian Gulf. Betreiber Ali hat nachdem die Ergebnisse bekannt waren sogleich Massnahmen ergriffen, um weniger Food Waste zu erzeugen. Heraus kam: über die vier Wochen der Testphase hinweg wurden rund 43kg Lebensmittel weggeworfen, wobei von Tag zu Tag die Menge an Food Waste schwankte. Konkret heisst das:
„Wir haben herausgefunden, dass ich an bestimmten Tagen weniger Essen verkaufe. An diesen Tagen koche ich jetzt weniger und muss weniger einkaufen.“ Und nicht nur das; seit der Messung können Kund:innen auch kleine Portionen und Kinderportionen bestellen, damit auch bei der Kundschaft weniger Abfall entsteht. Faktoren wie Wetter, Events in der Halle und Ferienzeiten haben einen Einfluss darauf, wie viele Gäste kommen und essen. Auch diese Erkenntnis hilft, besser abzuschätzen, wie viel Essen Ali vorbereiten muss. Für Ali bedeuten diese Massnahmen keinen zusätzlichen Aufwand – im Gegenteil. Er spare jetzt sogar eine gute Menge Geld, da er besser planen und entsprechend einkaufen könne.
Ali, der nebenbei in der ü40-Mannschaft des FC Kleinhünigen spielt und eine kleine Tochter hat, wird deshalb auch selbstständig weiter messen, wo wieviel Lebensmittelabfälle entstehen – bequem auf dem Handy mit der Waste Tracker App von UAW (United Against Waste) und einer Küchenwaage.
Am 26. Oktober ist die Gesamtmessung des Food Waste vorbei und es wird ausgewertet, beraten und Massnahmen diskutiert. Was wir herausgefunden haben und was das für uns bedeutet, werden wir in einem weiteren Post erläutern.
Goldener Oktober
Der Oktober ist die Zeit der Herbstfarben. In der Markthalle leuchtet ein buntes Angebot an unseren Märkten, in den Shops und im Eventkalender mit kulinarischen Highlights wie dem Wymärt oder dem Öpfel-Tag.
Herbstliche Gemütlichkeit zieht am Sonntagabend ein, denn ab Oktober öffnen wir für euch neu bis 22h! Perfekt, um das Wochenende mit einem Markthallenznacht ausklingen zu lassen, ob unter der Kuppel oder zu euch nach Hause geliefert. Für Spannnung zum Auftakt ist auch gesorgt, denn im Wohnzimmer könnt ihr gut verköstigt den Tatort bei einem Drink aus der HausBAR mitverfolgen. Und: am 9. Oktober rufen wir die Ausstellungsreihe Kunst am Sonntag mit der ersten Vernissage von jungen Künstler:innen ins Leben. Kommt also zahlreich und belebt den Sonntagabend mit uns!
Neu stösst im Oktober auch die Kozak Buvette mit vegetarischen ukrainischen Spezialitäten wie Kholodnyk und Borschtsch in Bioqualität zu uns. Willkommen!
Oktober ist auch Erntezeit und damit Einmachzeit. Mit einfachen Mitteln lassen sich lokale Lebensmittel lange haltbar machen und das ganze Jahr geniessen. Am Öpfeltag kriegt ihr darum auch Inputs zur Verwertung der heimischen Herbstfrucht fürs Einmachen, Backen oder Mosten. Wo geerntet und gekocht wird, fallen Reste an. Als grosser und ressourcenbewusster Gastrobetrieb nehmen wir unsere Verantwortung im Bereich Food Save sehr gerne sehr ernst. Deswegen machen wir mit beim Projekt Food Save Basel-Stadt. Und wir mosten unseren eigenen Apfelsaft für die HausBAR und unsere vielfältigen Anlässe aus geretteten Früchten aus Rothenfluh.
Zusammen mit unseren Ständen bietet die Markthalle Basel einen wunderbaren kulinarischen und atmosphärischen Rahmen für Privatanlässe wie euer Weihnachtsessen. Am Besten bald buchen oder reservieren!
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Wo entsteht Food Waste?
Gemeinsam mit United Against Waste und Foodways messen wir einen Monat lang den Food Waste der Markthalle. Wir möchten wissen, wieviele rohe und verarbeitete Lebensmittel im Abfall landen und was wir dagegen tun können. Die Markthalle ist einer von 30 Betrieben, die im Kanton Basel-Stadt am Projekt mitmachen und dabei einer der grössten.
Warum machen wir mit? Weil Food Waste klimaschädlich ist und die Ernährungssicherheit weltweit gefährdet. Weil Food Waste zu grossen Teilen vermeidbar ist und weil wir als Markthalle Nachhaltigkeit im Leitbild verankert haben und Lebensmittelverschwendung nicht nachhaltig ist.
Als Lebensmittelverschwendung (umgangssprachlich «Food Waste» genannt) werden die vermeidbaren Lebensmittelverluste bezeichnet. Das sind die essbaren Anteile der Lebensmittel, die für den menschlichen Verzehr produziert, aber nicht von Menschen konsumiert werden.
In der Gastronomie werden pro Jahr 210'000 Tonnen Food Waste produziert (ohne Food Waste bei Lebensmittelproduktion gerechnet) - hauptsächlich wegen zu grosser Portionen und Überproduktion in der Küche. Dieser Teil macht zwar "nur" 12-14% (je nach Quelle) des gesamten Food Waste aus, belastet das Klima jedoch stärker als der Food Waste aus der Landwirtschaft, da Lebensmittel beim Verarbeiten mehr Ressourcen benötigen.
Food Waste ist aber nicht nur in der Gastronomie ein Thema: Ein Drittel aller Lebensmittel gehen in der Schweiz auf dem Weg vom Feld zum Teller verloren. Das sind 330kg vermeidbarer Lebensmittelabfall pro Person und Jahr.
Das Ziel der UNO, des Bundes und von United against Waste: Food Waste mit verschiedenen Massnahmen schweizweit bis 2030 um 35% reduzieren. Damit wir als Markthalle unseren Beitrag dazu leisten können, möchten wir anhand der Gesamtmessungen vom 26. September bis 25. Oktober herausfinden, wie viele Lebensmittel verschwendet werden und an welchen Stellen.
Vorherige Testmessungen bei unserem Stand Persian Gulf haben bereits gezeigt, dass kleine Massnahmen viel bewirken können. Was Ali, der Betreiber, mithilfe der Auswertung verändern konnte, folgt in einem nächsten Beitrag.
Übrigens: das Thema Food Waste begleitet uns auch an diversen Veranstaltungen in und rund um die Markthalle: wir sind Mitorganisatorin des ersten Food Save-Banketts Basel auf dem Kasernenareal, wir retten und verarbeiten Äpfel zu Markthallen-Most und am Öpfel-Tag wird Eingekocht und Fermentiert.
Die Markthalle macht Most - erntet mit!
Lebensmittelrettung à la Markthalle: In Rothenfluh (BL) steht ein kleiner Obstgarten mit gesunden, unbehandelten Apfelbäumen. Die beiden Besitzerinnen mögen altershalber die Äpfel nicht mehr pflücken - und überlassen uns darum ihre Ernte.
Wir retten die Früchte gerne und lancieren damit unseren ersten eigenen Apfelmost. Denn: An unserer Bar und bei unseren Caterings haben wir sehr gute Verwendung für den heimischen Obstsaft. Wenn das Wetter, die Vögel und die Wespen nicht mehr gross reinfunken, können wir Ende September bis zu einer Tonne Äpfel ernten und 700 Liter Most produzieren.
Diese 700 Liter kommen an den verschiedensten Orten in der Markthalle zum Einsatz und wir testen, ob das auf nächstes Jahr sogar noch mehr ausgeweitet wird. Dank dieser Aktion können wir nicht nur Lebensmittel retten, sondern (hoffentlich) in Zukunft auch die Regionalität in unserem Angebot stärken.
Wer Teil sein möchte von unserem Pilotprojekt und Lust hat auf eine kleine Outdoor-Auszeit im Apfelgarten, kann sich hier zur Ernte einschreiben: https://forms.gle/3PPsgqu3hA4y9eFdA. Als Entschädigung gibts einen (oder zwei, oder drei…) 5-Liter Karton vom fertigen Most.
Welches Datum es genau sein wird, wissen im Moment nur die Früchte… Schon fest steht aber, dass es sicher zwei Erntetage geben wird, weil wir zwei Sorten mit unterschiedlichen Reifezeitpunkten verwerten.
Wer einfach neugierig ist, wie unser eigener Apfelsaft schmeckt, kann ihn ab dem Öpfel-Tag am 22. Oktober 2022 bei uns an der Hausbar probieren. Nebst frischen Äpfeln wird es auch viel Wissenswertes rund um die Frucht geben und eine Mostpresse, die insbesondere für unsere kleinen Gäste ein Highlight ist.
Septemberfülle
Der Spätsommer lässt die Markthalle in neuem Glanz erscheinen: mit ZOE - Food of Ceylon zieht erstens ein neuer Stand ein, zweitens haben wir dem Wohnzimmer und dem Salon einen frischen Anstrich verpasst und drittens werden die Geschirrrückgaben verschönert und verbessert. Und das Allerbeste kommt erst noch: ab Oktober öffnen wir den Sonntagabend! Das Ganze machen wir als Test bis Ende Jahr. Bitte zeigt uns, dass ihr begeistert seid und schaut nach dem Sonntagsausflug fleissig bei unseren Foodständen vorbei oder bestellt euch was nach Hause. Dann ziehen wir das nämlich auch im neuen Jahr weiter!
Im Herbst präsentieren wir eine Fülle an Märkten, Konzerten, Workshops, Events und Caterings. Alle Veranstaltungen findet ihr in der Agenda. Dafür suchen wir zur Ergänzung unseres Teams tatkräftige Unterstützung bei Anlässen, in der Halle und an der Bar.
Unverändert bleiben in der neuen Saison unsere Grundwerte Vielfalt, Regionalität, Nachhaltigkeit, Teilhabe und Einbindung. Ein Fokus ist aktuell Food Waste, weshalb wir uns an Events wie dem Foodsave-Bankett beteiligen und im Herbst Food Save-Messungen durchführen. Die Frischwarenmärkte am Donnerstagabend und Samstag, wo ihr Lebensmittel aus der Region direkt von den Produzent:innen erwerben könnt, tragen zu einer nachhaltigen und regionalen Ernährung bei.
Vielfalt zieht sich durch unser gesamtes Angebot - von den bunten Gerichten und Getränken bis hin zu unserer Veranstaltungspalette. Mit dem Marktplatz55+, 4TheKultur oder den Traditional Irish Folk Sessions kommen die unterschiedlichsten Veranstalter:innen und unterschiedlichstes Publikum unter die Kuppel. Wenn ihr selbst ein Teil dessen sein und euren Event, euer Produkt oder Projekt mit uns realisieren möchtet, findet ihr viele Möglichkeiten zum Mitmachen bei uns. Und ausserdem könnt ihr bei uns Mitglied werden und mitgestalten.
Zusammen sind wir die Markthalle!
Limoncello per tutti
Es ist (bald) Sommer und wir haben da was: Limoncello, made at Markthalle!
Limoncello ist ein Likör, der traditionell aus Italien stammt, sich aber auch in Basel grosser Beliebtheit erfreut.
Die Hauptzutat sind natürlich Zitronen. Für das optimale Aroma wird die äusserste Schicht der Schalen abgeschält und für eine oder mehrere Wochen in 95%igem Alkohol eingelegt. Dieser zieht Farbe und Aroma aus den Schalen und verleiht dem Limoncello das typische Aussehen.
Die Zitronen selbst werden mit Zucker und Wasser zu Sirup verarbeitet - nicht zu süss und nicht zu sauer soll er sein. Dann, wenn die Zitronenschalen genug lange im Alkohol eingelegt waren, wird Zucker hinzugegeben und nochmals ruhen gelassen. Am Ende werden die Schalen herausgefiltert und der Limoncello in Flaschen abgefüllt. Am besten ist er eisgekühlt! Den Limoncello gibts an der HausBAR, perfekt als Apéro geeignet.
Es blüht im April
Draussen blüht es und auch unter der Kuppel erblüht Neues und Altbekanntes.
Neu heisst es ab Ende April jede Woche: Donnerstag ist mein Gemüse!
Der Feierabendmarkt verbindet Frischwarenmarkt mit Feierabend, bietet alles, was das Geniesser:innenherz begehrt und sorgt so für regionale Lebensmittel und gemütliches Zusammensein gleichermassen.
Eine weitere neue Veranstaltungsreihe ist bereits Ende März aufgekeimt: Am Apero all'italiana feiern die Fermento Brewery und ausgewählte Food-Stände jeden Samstag la Dolce Vita. Bouquets gibt es am Basler Wymärt - für unsere Mitglieder ist der Eintritt gratis. Als Kontrastprogramm bietet sich der begleitete Fastenkurs an. Der Kochkurs, Naturkosmetikkurs und Musikflohmarkt bieten Nährboden für neue Hobbys, an der Sprachenbar frischt ihr eure Fremdsprachkenntnisse auf.
Die Halle blüht auf an der Pflanzmarkthalle: Hier findet ihr Setzlinge, Samen, Gartenzubehör und vieles mehr rund um grüne und nicht so grüne Daumen. Die Hallenflohmis, das Kinderschuh-Pop Up und der zweitägige Osterflohmi haben das Passende für die Frühlingsgarderobe für Gross und Klein. Musikalische Blüten treibt der Frühling an der Pure Heavy Plattenbörse (zum Stöbern) und an den Irish Sessions, dem Markthall und dem Huusmusig-Konzert (zum Lauschen).
Fair & Food
Am 14. Mai wird Basel die Auszeichnung zur «Fair Trade Town» verliehen. Wir feiern diesen Preis mit dem ersten Fair Trade-Markt. Um mit euren tollen Fair Trade-Produkten mitzumachen, könnt ihr euch hier um einen Stand bewerben. Wir feiern auch, dass dieses Jahr die BScene wieder stattfindet und sind am 22. & 23. April ist die Markthalle mit einem Food-Angebot vor Ort.
Nachhaltigkeit ist der Markthalle und den Ständen & Läden ein Anliegen, darum werden im April zusammen mit United Against Waste und Persian Gulf exemplarische Messungen zu Food Waste durchgeführt. Nachhaltig ist auch Saisonalität: Mit der neuen Jahreszeit sind überall frühlingshafte Gerichte und Menüs erhältlich.
Unverpackte Gerichte als Kochbox gibts bei Happie, oder ihr wählt eure Zutaten selbst aus in der Marktschwärmerei und geniesst Frisches und Feines.
PS: Am Karfreitag bleibt die Markthalle geschlossen, den Rest der Ostertage sind wir gewohnt offen und begrüssen euch gerne am Osterflohmi zum Stöbern.
Aufhebung der Zertifikats- und Maskenpflicht
Neue Massnahme: (fast) keine Massnahme
Der Bundesrat hat die Corona-Massnahmen per 17. Februar 2022 grösstenteils aufgehoben. Für die Markthalle bedeutet das in erster Linie, dass die Zertifikats- und Maskenpflicht entfällt. Wir freuen uns, euch wieder ohne Beschränkungen begrüssen zu können!
Öffentliche Veranstaltungen
Die Änderung der Massnahmen erstrecken sich auf sämtliche Events der Markthalle (Konzerte, Lesungen, Sonntagsbrunch etc.) und werden in den Eventbeschreibungen noch entsprechend angepasst. Einige Events werden von Privatpersonen organisiert (zB Kurse), die möglicherweise Teilnahmebeschränkungen unterliegen. Abweichungen von den Schutzmassnahmen des Bundes sind jeweils in der Eventbeschreibung hinterlegt.
Private Veranstaltungen
Private Anlässe (Firmenessen, Geburtstagsparties, Hochzeitsfeiern, Vereinsversammlungen, Apéros etc.) können ohne Beschränkungen durchgeführt werden. Anfragen für Reservationen können direkt an mitmachen@altemarkthalle.ch gesendet werden.
Gemeinsam gegen Food Waste
Wieviele Lebensmittel (und damit auch: wieviele Franken) landen in der Markthalle im Abfall? Und was können wir unternehmen, um diese Verschwendung zu reduzieren? Das wollten wir herausfinden und haben darum im August/September 2020 am Food Save Projekt der Stadt Basel teilgenommen.
Während einem Monat haben wir zusammen mit United Against Food Waste die Lebensmittelabfälle gemessen. In der ganzen Markthalle und bei einem einzelnen Foodstand. Und die Resultate zeigen: Wir sind in Sachen Food Waste schon sehr gut, können aber noch mehr reduzieren.
Die wichtigsten Zahlen:
- Im Messmonat wurden pro Stand rund 111 Kilogramm Essensreste weggeworfen
- Pro Tag und Gast entspricht dies ca. 0.70 Rappen und 80 Gramm Food Waste
Es besteht also noch Luft nach oben - sowohl bei der Produktion in den Küchen als auch beim Besuch in der Markthalle kann Food Waste eingespart werden. Damit weniger Essen weggeworfen wird, haben United Against Waste und wir einige Tipps, wie
-Apps zum Lebensmittel retten wie Too Good To Go herunterladen und/oder sich bei Food Sharing anmelden und nach Betriebsschluss übriggebliebene Speisen abholen
-Resten einpacken lassen oder selbst ein Gefäss mitbringen zum Resten einpacken
-bei kleinem Hunger: nach kleinen Portionen fragen
Im Februar 2022 werden wir noch einmal eine Messung machen. Wir sind sehr gespannt, was wir bis dahin erreichen konnten.
Mahlzeit Kolumne 6: Es regnet Mirabellen
Es ist ein wunderschöner Sommertag, als wir mit dem Auto von Laufen in Richtung Obstgarten fahren. Unser Ziel: Acht Mirabellenbäume oberhalb von Wahlen.
Es ist ruhig, bis auf das Bimmeln der Kuhglocken, das unsere Gespräche untermalt. Die Mirabellen leuchten uns entgegen, die kleinen gelben Bällchen bilden einen schönen Kontrast zum blauen Himmel. Die Äste sind voll von ihnen.
Wir sind zu fünft und binden uns die mitgebrachten Körbe um die Hüfte. «Jede*r darf sich einen Lieblingsbaum auswählen», verkündet Stephanie Nabholz, die Gründerin der Sammlerei, scherzhaft. Das Pflücken kann beginnen.
Der Ursprung der Idee für die Sammlerei liegt für Nabholz im Gedanken der Selbsthilfe. Selbst im sozialen Bereich arbeitend, war sie viel in Kontakt mit den unterschiedlichsten Menschen in mentaler Schieflage.
«Reden hilft, aber wie wäre es, wenn wir zusammen auch etwas erschaffen?», dachte sie sich. Also holte sie sich Hilfe bei Einmach-Profis und seit 2017 wird gesammelt, gekocht, eingemacht und verkauft. Inzwischen sind rund 20 Menschen bei der Sammlerei eingespannt.
Die Sammlerei rettet jedes Jahr kiloweise Früchte vor dem Verfaulen. Die Bäume und Sträucher gehören Privatpersonen oder Institutionen, die selbst nicht alles ernten können und darum bei der Sammlerei anklopfen.
Diesen Sommer hat das Projekt den Prix Schappo gewonnen, den Preis für ausserordentliches freiwilliges Engagement des Kantons Basel-Stadt. Dadurch seien noch einmal mehr Anfragen hinzugekommen – sowohl von Personen mit Gärten als auch von Menschen, die mithelfen wollen.
Die Mirabellenbäume in Wahlen gehören Raphael, der eine Website erstellt hat, wo Obstbäume zum Selberpflücken in der Region eingezeichnet sind. Die Sammlerei und er haben sich irgendwann gefunden und so wurde sein Hain ein Fixpunkt im Erntekalender der Sammlerei.
In der Vergangenheit ging eher die Sammlerei auf die Gartenbesitzer*innen zu, inzwischen ist es umgekehrt. Es sind sogar so viele Anfragen, dass die Sammlerei anfangen musste, auszusortieren und Anfragen abzulehnen. «Auch, weil wir den Anspruch haben, dass alles Bioqualität hat und nicht gespritzt ist», sagt Nabholz.
Mattia, der heute auch Mirabellen einsammelt und den Mobility-Bus herumfährt, ist seit drei Jahren beim Projekt dabei. Seine Lieblingstätigkeit ist das Ernten, weil man dabei draussen in der Natur ist und keine Hektik aufkommt. Generell ist es bei den Arbeitstagen der Sammlerei völlig Wurst, ob jemand im Vorstand ist oder nicht, alle helfen soweit mit, wie sie können. Ohne Zeitdruck, ohne ein Soll.
Schwieriges Erntejahr
Die Mirabellen sind teilweise so reif, dass es nur ein Schütteln am Ast braucht und schwupps, es regnet Früchte. Das ist ein ziemlicher Kontrast zum Vormittag, ja eigentlich zur ganzen Saison. Nabholz berichtet, dass die Gruppe am Morgen bereits im St. Alban unterwegs war, um Zwetschgen zu sammeln. Die magere Ausbeute: sieben Kilo – also grade mal ein Kistchen voll. «Das war eigentlich mehr Baumpflege als Ernte», scherzt sie.
Sie erzählt von Erntetouren im Regen, das könne dann auch den Helfenden aufs Gemüt schlagen. Trotzdem: das Ziel sei nicht, möglichst viel Gewinn zu erzielen, sondern so viel Essbares wie noch möglich zu verwerten – und das geht auch mit sieben Kilo Zwetschgen. Ausserdem war die Apfelernte am Tag zuvor ein bisschen reichhaltiger: 80 Kilo Gravensteiner warten in der Küche auf die Verarbeitung.
Insgesamt hatte der schlechte Sommer 2021 mehr Auswirkungen auf die Sammlerei als die Pandemie, resümiert Nabholz. «Während Corona war es eigentlich nicht anders als sonst - die Früchte waren ja trotzdem reif, also gingen wir ernten. Wir haben so viele Gläser eingemacht wie noch nie.»
Einen kleinen Einfluss hatte Corona aber doch auf die Produktion im 2020: Viele Helfende hatten durch die veränderte Lebenssituation mehr Zeit. Die Einmach-Tage im Sommer waren eine willkommene Abwechslung zum Pandemiealltag.
Nach 2,5 Stunden Mirabellen pflücken und sammeln packen wir zusammen; die meisten der übrigen Früchte hängen eh viel zu weit oben und wir haben schon eine ordentliche Menge zusammen. Wir fahren nach Liestal in die Küche und wiegen: 40 Kilo. Dazu noch die Ernte vom Vortag und vom Morgen – da lässt sich schon was daraus machen. Jetzt geht es für die Mirabellen erst mal in den Kühlraum und für uns in den Feierabend.
Am Samstag ist gerade noch Mittagspause, als ich zur Gruppe hinzustosse. Der Schillingsrain in Liestal ist eigentlich ein Wohnheim für Jugendliche, am Wochenende nistet sich die Sammlerei in der Küche ein und kocht, passiert, sterilisert und füllt ab.
Die Ernte- und Einmach-Tage richten sich primär nach den Früchten: wenn sie reif sind, werden sie geholt. Den ganzen Sommer über wird jede zweite bis jede dritte Woche geerntet. Donnerstag und Freitag sind Erntetage, von Freitag bis Sonntag wird Eingekocht.
In der Küche ist es schwülwarm, draussen unter den Bäumen idyllisch. Stressen lässt sich hier niemand, jede*r bleibt solange, wie er*sie kann und möchte.
Yvonne hat in der Küche den Überblick. Es werden mehrere Produkte gleichzeitig gemacht, alle suchen sich ihre Aufgabe und wenn diese erledigt ist, weiss Yvonne, was es als nächstes zu tun gibt. Heute sind wir zu siebt – von Anfängerin bis zu Einmach-Vollprofi ist alles dabei. Yvonne erzählt mir von der Arbeit hier, überwacht gleichzeitig den grossen Topf mit Konfi auf dem Herd und strahlt eine Ruhe aus, die allen hier gut tut. Zwischen Zucker und Rührkelle liegt ein Haltbarmach-Almanach als Nachschlagewerk, im Steamer werden Gläser fürs Abfüllen sterilisiert. Es blubbert, die Kornelkirschenkonfi ist bald soweit.
Ideal sei es, wenn zwei Gruppen in der Küche sind, sagt Tätschmeisterin Yvonne. «Bis Mittwoch wissen wir meist, wieviele Leute wir sein werden. Aber das kann sich spontan auch ändern, wenn es jemandem plötzlich doch nicht gut geht.» Flexibilität ist wichtig, besonders für die Betroffenen.
Einige Helfer*innen sind nur am Wochenende da, andere auch am Freitag. Momentan ist das Team etwas kleiner als sonst, da sich bei Einigen die Lebenssituation geändert habe. Deswegen seien jetzt ab und zu auch neue Helfer*innen dabei. So wie Barbara, die mit Etienne und mir draussen am Tisch Äpfel zerteilt. Später werden die Apfelstücke dann zu Mus verarbeitet.
Wir schneiden grosszügig faule und wurmstichige Stellen bei den Äpfeln ab, während im Hintergrund Vogelgezwitscher zu hören ist. Im Gegensatz zum Grosshandel gibt es bei der Sammlerei keine Richtlinien, wie gross, klein oder schön eine Frucht sein muss. Solange sie reif genug ist, wird sie verwertet.
Barbara ist heute wie ich zum ersten Mal da und schnuppert Sammlerei-Luft. Sie will sich gerne freiwillig engagieren. An der Sammlerei gefällt ihr, dass hier «mehrere Aspekte abgedeckt werden: Inklusion, die Bekämpfung von Food Waste und das Machen mit den Händen». Das ist auch Etienne wichtig. Er wurde von Stephanie Nabholz ins Boot geholt und ist seit Beginn der Sammlerei Teil des Teams. Er füllt am liebsten die Gläser ab, weil er so die fertige Arbeit sehen und «anfassen» kann.
Wer nicht mehr mag, kann jederzeit gehen – Yvonne und Elisabeth bleiben dafür oft bis abends da, um die angefangene Arbeit fertig zu machen. Die Mirabellen, die wir am Vortag geerntet haben, sind erst nach 16 Uhr an der Reihe, es wird heute wohl auch noch später für die Küchencrew.
Bei jedem Produkt, das hier hergestellt wird, wird aufgelistet, was drin steckt. Zucker, Essig,Gewürze und Wasser sind häufige Zutaten. Die Etiketten werden später gedruckt. Neben dem Inhalt steht darauf , woher die Frucht kommt, wann sie geerntet wurde und wozu man das Produkt (Konfi, Chutney, Mus) verwenden kann. Im Herbst startet die Verkaufsaktion, die bisher immer ein grosser Erfolg war: alles aus der letztjährigen Produktion wurde restlos ausverkauft. 2’400 Gläser Eingekochtes und 100 Flaschen Saft, rübis stübis weg.
Rezept
Mirabellenkompott, von Stephanie Nabholz
Zutaten
- 2 kg Mirabellen
- 500 ml Wasser
- 250 ml klarer Apfelsaft
- 250 ml Weisswein
- 150 g Zucker
- 10 Kardamomkapseln
- 1 Zitrone, Schale
Zubereitung
- Einen Sud aus Wasser, Weisswein, Apfelsaft und Zucker kochen. Die Kardamomkapseln im Mörser anknacken und ebenfalls dazugeben. Einmal aufkochen lassen, dann beiseite stellen und ziehen lassen.
- In der Zwischenzeit die Mirabellen waschen und entkernen, dabei darauf achten, dass die Mirabellen nicht ganz durchgeschnitten werden, sondern noch an einer Seite verbunden bleiben.
- Den Sud wieder aufkochen und etwas ziehen lassen. Die Mirabellen kurz im Sud kochen (bissfest), dann mit der Schaumkelle herausnehmen und dicht in Gläser füllen. Mit Sud durch Haarsieb gegossen auffüllen. Gläserrand reinigen und Gläser dicht verschliessen.
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Das Kompott passt zu Kuchen oder Glace oder generell als Dessert.
Die Konfis können unter Naturjoghurt oder -Quark gemischt werden und schon erhält man Fruchtjoghurt oder Früchtequark ganz ohne künstliche Aromen.
Hier gibt's die eingemachten Produkte der Sammlerei zu kaufen (ab Winter 2021):
- Art-Johann
- Foodyblutt
- LOKAL
- Kloster Dornach
- ausgewählte Märkte in und um Basel